Die Schnaithmann Maschinenbau GmbH mit Sitz in Remshalden bei Stuttgart ist Systemlieferant für Automatisierungstechnik. Mit einer Exportquote von 50 Prozent beliefert der Mittelständler Kunden in aller Welt. Um Abnahmen und Inbetriebnahmen von Anlagen sowie Fehlererkennung aus der Ferne durchführen zu können, setzt Schnaithmann nun eine Remote Support-Software der Oculavis GmbH aus Aachen ein. Die Software ermöglicht eine effizientere Betreuung von Kunden und Servicepartnern und reduziert Reisezeiten und -kosten. „Dies ist aktuell aufgrund der Corona-Pandemie ein besonders großer Vorteil“, sagt Christian Betz, Key Account Manager bei Schnaithmann. „So lassen sich trotz der eingeschränkten Reisemöglichkeiten Inbetriebnahmen weltweit vom Standort Remshalden aus sehr gut koordinieren.“
Veränderung von Abläufen und Kommunikation im Kundenservice
Die Individualität und genaue Anpassung an Kundenwünsche macht jede Schnaithmann-Anlage zu einem Unikat. Trotz höchster Ingenieurskunst können nach der Inbetriebnahme beim Endkunden Probleme entstehen: ungeplante Stillstände, Reparaturen oder Wartungen fordern vom Kundenservice permanente Verfügbarkeit. Das Expertenwissen liegt bei den am Projekt beteiligten Leitern und Mitarbeitern. Folglich sind sie auch diejenigen, die den Kunden im Falle einer Störung im Außendienst betreuen. Darüber hinaus unterhält das Unternehmen für seine international agierenden Kunden weltweit Servicekooperationen mit versierten Partnern, die auf das Know-how der deutschen Kollegen zurückgreifen. Die Erfahrung zeigt, dass oftmals Kleinigkeiten Probleme verursachen, für die bis dato die Projektbeteiligten um die Welt flogen.
Die mit aufwendigen Reisen einhergehende Bindung personeller Ressourcen hatte zur Folge, dass Servicefälle nicht immer zeitnah bedient werden konnten. Darum entschied sich Schnaithmann im Herbst 2019 zu einer grundlegenden Veränderung der Abläufe und Kommunikation im Kundenservice, und machte sich auf die Suche nach einer Remote Suppoert-Lösung.
Die Auswahl der richtigen Software
Die Auswahl der Anbieter für Remote Support-Lösungen ist groß. Um sich einen Überblick zu verschaffen und die richtige Software zu finden, führte Schnaithmann den Auswahlprozess in drei Schritten durch: Erst wurden Anwendungsfelder für den Remote Support bestimmt, dann folgte eine Analyse des Bedarfs zur Nutzung der Software im späteren Live-Betrieb, und schließlich wurden mögliche Lösungsanbieter ausgewählt und evaluiert.
Zur Bestimmung der Anwendungsfelder hinterfragte Schnaithmann sämtliche Prozesse im Kundenservice kritisch. Das Ergebnis der Analyse waren drei Szenarien, von denen sich das Management in kurzer Zeit signifikante Zeit- und Kostenersparnisse sowie eine Entlastung der Mitarbeiter versprach: Vorabnahmen von Anlagen im Schnaithmann-Werk, Endabnahmen beim Kunden vor Ort sowie Fehlerdiagnosen und -beseitigungen sollten zukünftig aus der Ferne durchgeführt werden. Weiterhin versprach man sich eine bessere Betreuung der globalen Servicepartner.
Im zweiten Schritt wurde eine Liste mit Anforderungen an die Software erstellt. Die Software sollte mit unterschiedlichen Geräten kompatibel sein. Wichtig war vor allem die Verfügbarkeit auf iOS- und Android-Mobiltelefonen und Tablets, damit keine zusätzlichen Hardwareinvestitionen nötig sein würden. Von Anfang an war klar, dass der Softwareanbieter auch das Hosting in der Cloud übernehmen sollte. Diese Cloud sollte von Deutschland oder Europa aus betrieben werden, sodass die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung gewahrt werden. Zudem sollten eine eigene Serverinstanz und Datenbank bestehen, sodass die Daten physisch von anderen Unternehmen getrennt sind. Ein weiteres Kriterium war die Verschlüsselung der Daten- und Videoverbindungen. Der Softwareanbieter sollte ein transparentes und flexibles Lizenzmodell ohne versteckte Kosten anbieten, das sich jederzeit dem Servicebedarf anpasst. Bevorzugt suchte Schnaithmann nach Einzellizenzen für die eigenen Mitarbeiter und nach Floating-Lizenzen, um unbegrenzt viele Kunden und Servicepartner als Nutzer einbinden zu können.
Zu guter Letzt wurden für den späteren Live-Betrieb weitere Merkmale definiert: Videocalls mit mehreren Teilnehmern; Annotationen, die in das Sichtfeld des Servicetechnikers eingeblendet werden, um neben Sprachanweisungen visuelle Elemente bei der Anleitung zu nutzen; Bild- und Videoaufnahmen zur Dokumentation des Servicefalls, um wertvolles Wissen zu speichern und dies dem Kunden bei Bedarf in Form eines Servicereports zur Verfügung zustellen.
Zunächst stellte Schnaithmann einen größeren Pool an potenziellen Lösungsanbietern auf. Anhand von Live-Demonstrationen wurde eine weitere Selektion vorgenommen. Die verbliebenen Softwarelösungen wurden anschließend über einen Zeitraum von vier Monaten getestet und mit dem Anforderungskatalog abgeglichen.
Entscheidung für Oculavis Share
Eine Gewichtung der einzelnen Kriterien half Schnaithmann, die geeignete Software auszuwählen. Am Ende des Auswahlprozesses im Februar 2020 entschieden sich die Remshaldener für Oculavis und dessen Remote Software-Plattform Oculavis Share. Zu den Hauptgründen für die Entscheidung zählt Volker Sieber, Projektverantwortlicher und langjähriger Entwicklungsleiter bei Schnaithmann, die benutzerfreundliche und intuitive Bedienung der Plattform: lange Einarbeitungsphasen und zusätzliche Trainings aller Beteiligten seien nicht notwendig.
Durch das Cloud-Setup auf Microsoft Azure in Amsterdam mit eigener Serverinstanz und Datenbank war die Softwarelösung sofort einsatzbereit und konnte dadurch leicht in die bestehende IT-Landschaft integriert werden. Die Serviceprozesse werden über sogenannte Cases in der Remote-Plattform abgebildet. Vorabnahmen und Inbetriebnahmen lassen sich hervorragend planen. Über das Nutzermanagement erhalten externe Benutzer wie Kunden oder Servicepartner personalisierte Zugänge und Berechtigungen für HD-Videocalls oder zur Einsicht von Produktdokumentationen. Im Servicefall lassen sich die durchzuführenden Prozess-Schritte vorab anlegen und benötigte Dokumente hinterlegen. Über die Fall-Historie können offene Punkte eingesehen und abschließend geklärt werden. Bei Videocalls sind Daten- und Videoverbindung verschlüsselt. Bild- und Videoaufnahmen dokumentieren die durchgeführten Arbeiten und werden bereits während der Live-Session dem Servicefall zugeordnet, was aufwendige Nacharbeit einspart. Ein Fallbericht, der sämtliche Informationen wie Metadaten, Screenshots oder Kommentare beinhaltet, kann als abschließende Zusammenfassung dem Kunden zur Verfügung gestellt werden.
Mehrwert für Schnaithmann
„Mit der Augmented Reality-Lösung können wir unseren Kunden im Fehlerfall hochwertige und videounterstützte Hilfestellung leisten, ohne vorher anreisen zu müssen. Dies reduziert Stillstandszeiten signifikant und der Kunde profitiert von einer gesteigerten Anlagenverfügbarkeit”, fasst Volker Sieber die Vorteile der Software zusammen. Sie ermöglicht dem Maschinenbauunternehmen Expertenunterstützung, Abnahmen und Inbetriebnahmen von Anlagen sowie Fehlererkennung und -behebung aus der Ferne durchzuführen. Mitarbeiter werden entlastet und analoge Tätigkeiten mit hohem Papierverbrauch durch digitale Serviceprozesse ersetzt. Dies führt zu einer Effizienzsteigerung in der Betreuung von Kunden und Servicepartnern, reduziert Reisezeiten und -kosten und verschafft Kunden zudem ein innovatives Service-Erlebnis.
Weitere Anwendungsmöglichkeiten
Zukünftig möchte Schnaithmann weitere Anwendungsfälle „remote“ abdecken. So ist angedacht, Oculavis Share im technischen Vertrieb zu nutzen und Kunden in virtuellen Touren durch das Technikum in Remshalden zu führen. Auch bei einer Erweiterung der Anlage lassen sich technische Details aus der Ferne klären, ohne den Kunden physisch zu besuchen. Bei planmäßigen Wartungen können Ersatzteile geprüft und in Absprache mit den Kunden nachbestellt werden.